Triathlon Rennberichte

10-fach Ironman Mexiko 2015 – Rennbericht Tristan Vinzent

Es gibt Gelegenheitssportler, Sportbegeisterte, Sportler, Sportfanatiker, Profisportler – und es gibt Ultra-Triathleten!  Eine kleine und sehr elitäre Gruppe von Menschen, die eigentlich normale Berufe haben: Lehrer zum Beispiel, Bänker, Hotelbesitzer oder: Musiker. Tristan Vinzent – im normalen Leben Trompeter, Dirigent und Musikpädagoge – ist einer dieser Wahnsinnigen, denen ein einfacher Ironman nicht mehr ausreicht. Ich begleitete ihn dieses Jahr auf 8 internationalen Wettkämpfen, supportete ihn durch insgesamt 25 Ironman und auf seinem letzten diesjährigen Wettkampf nach Mexiko zum Deca Ironman in Léon. Tristan Vinzent hatte Routine im Ultra Triathlon. Sein Weg als einziger Athlet weltweit durch den diesjährigen IUTA Worldcup führte ihn dieses Jahr nach USA (Double), Emsdetten (Double), Ungarn (Double), Lensahn (Triple), Slowenien (Double), Litauen (Double), Virginia USA (Double) und dann nach Mexiko (Deca).

Tristan absolvierte im Jahr 2015 insgesamt 25 Ironmans

Dadurch hatte er zwar die körperliche Belastung dieser Ultras das ganze Jahr, wir hatten aber auch Routine. Wir mussten, was wir mitnehmen mussten, wir wussten, was Tristan vor dem Start, auf dem Rad und während des Laufens gut essen konnte.

Nahrung und Getränke

Die Ernährung ist ein Fakt, den man viel zu wenig bedenkt beim Wettkampf. Unvorstellbar was manche Athleten für Kram in sich hineinschieben. Klar kann man mal einen Tag nur mit Nutellabrot über die Runden bringen, aber nicht 10 Tage am Stück! Die Ernährung ist bei einem Wettkampf über 10 Tage immens wichtig. Der Sportler bleibt über lange Stunden im Kampfmodus, also nicht im Verdauungsmodus. Trotzdem muss er viel Nahrung zu sich nehmen, damit er Kraft dazu hat. 25 Runden Rad und somit 180 km plus ein Marathon sind ja noch jeden Tag zu absolvieren. Das allmorgendliche Müsli, welches auch die gewohnte Verdauung gewährleisten sollte, war ebenso notwendig wie die wettkampferprobten Getreide-Powerdrinks mit Banane und Sahne. Dadurch kam Tristan die ersten Runden nur mit Powerdrink aus, dann erst begann er Hunger und Durst zu haben. Das ersparte ihm Ballast auf dem Rad und kostbare Zeit für eventuelles Stehenbleiben–für–Essen.

Pro Runde eine halbe Banane im Vorbeifliegen auffangen war der Plan und die ersten Tage schmeckten sie auch noch. Später wünschte er sich Nudeln mit Tomatensauce oder Kartoffelbrei und das war dank eines kleinen Elektrokochers kein Problem. Sauce musste viel drauf sein, alles muss rutschen, sonst geht es nicht durch die Kehle. Aber das heiße Wetter über 35 Grad machte uns zu schaffen. An Essen war gar nicht mehr zu denken. Wir versuchten es mit Obst, welches ich gekonnt in das „Dippchen“ am Rad während der Fahrt einwarf. Teilweise schafften wir es, eine Wasserflasche (gekühlt mit Eiswürfeln) und gleichzeitig noch Obst in einer Runde an den Mann zu bringen. Dafür bekamen wir von den anderen Betreuern Szenenapplaus – nun, wir waren ja mittlerweile ein eingespieltes Team.

Schwimmen im Ententeich und Verdauung

Bei einem Ultra Triathlon macht man nicht Zeiten wie bei einem einfachen Ironman. Man muss gerade so viel Kraft aufwenden, dass man die Distanz 10 Tage intereinander meistern kann, aber wer abends früher ins Bett kommt, der kann sich auch länger regenerieren.  Die Zieleinlaufzeiten variierten zwischen 11 und 23 Stunden. Wobei jener französische Sportler gerade ein wenig frühstücken konnte und dann wieder von Neuem in den See stieg. Der Kampf gegen Zeit und Kilometer machte 10 Tage lang keine Pause.

Jeder Tag begann wie ein Déjà-vu: früh aufstehen, um 7 Abfahrt zum Wettkampfort und dann zunächst einmal 3,8 km Schwimmen. Tristan Vinzent spielt zu Beginn des Wettkampfs die mexikanische Nationalhymne. Der See in dem dieses Jahr der Wettkampf stattfand, ist normalerweise kein Schwimmsee, sondern eher ein Ententeich. Es war eine grüne, nicht sehr einladende Brühe. Zudem war er so kalt, dass einige Teilnehmer des Wettkampfs zitternd mehrmals während der Schwimmzeiten aus dem Wasser flüchteten, um sich wenigstens innerlich mit heißen Tee aufzuwärmen.  Gesund war das unabsichtliche Wasserschlucken auch nicht. Fast alle Athleten hatten Verdauungsprobleme und verbrachten auch einmal eine Stunde auf der Toilette statt auf der Rennstrecke. Zum Glück kannte Tristan das Problem und bemühte sich, kein Wasser zu schlucken – die erste nebensächliche, aber wichtige Challenge auf einem Deca-Ironman.

Tägliche 180 km Radstrecke

Danach ging es über die täglichen 180 km Radfahren durch den Park. Es war eine Rundstrecke um den See. Die Dauer einer Runde von circa 15 Minuten war zum Versorgen optimal, das Gelände allerdings nicht. Eigentlich hatte immer Einer der 16 Teilnehmer einen platten Reifen. Zudem waren es die Enten, Ziegen, der dort lebende Parkhund und auch die Mexikaner im Park gar nicht gewöhnt, dass man mit hoher Geschwindigkeit um den See fährt. Da fütterten die Kinder die Gänse auf der Radstrecke, spielten Fußball und die Eltern grillten daneben. Immerhin bekamen die Athleten oft etwas zu Essen von ihnen angeboten. Aber die mexikanischen Speisen sind dann für europäische Mägen auch nicht der Renner.

Hütchen zu Hütchen – der tägliche Marathon

Nach dem Rad ging es ja dann zum abschließenden Marathon, einmal hin bis zum Hütchen und wieder zurück bis zum anderen Hütchen. Auch diese Runden waren mit circa 15 Minuten gut bemessen, allerdings nur wenn man noch laufen konnte. Wessen Beine nur noch bereit waren zu gehen, der musste lange ohne Versorgung auskommen in der mexikanischen Hitze. Überhaupt, das Wetter…

Léon liegt auf 1800 Meter Höhe mitten in Mexiko. Das heißt morgens war es mit 10 Grad relativ kalt. Wenn man zwischen 8 und 9 Uhr aus dem kalten See aufs Rad kommt, dann zitterten alle Sportler. Eine halbe Stunde später lag die Temperatur durch die starke Sonneneinstrahlung dann bei 30 Grad im Schatten. Die Strecke führte komplett durch sonniges Gebiet, Schatten hatten nur die Supporter. Abends genoss man – wenn man noch den Kopf dazu hatte – wunderbare Sonnenuntergänge.

Temperaturen und Hurrikans

An diese großen Temperaturunterschiede hatten sich nach ein paar Tagen die Sportler alle gewohnt, als dann leider am Tag 6 und Tag 7 ein Hurrikan über uns hereinbrach. Zwei Tage kämpften wir mit Temperaturen um 10 Grad und heftigem Dauerregen. Von den 16 Startern mussten 10 aufgeben. Die Anderen trotzten dem Gegenwind, der sie fast auf dem Rad zu stehen brachte und endlos Kraft verbrauchte.  Auch das Material litt unter dem Regen. In der Nacht mussten einzelne spät ins Ziel kommende Athleten ihren Marathon durch Überflutungen laufen. Wir hingegen waren ja durch Tristans kontinuierliche Leistung immer recht früh im Ziel. Nur unser Rad machte die Fahrten durch den Dreck nicht gerne mit. Der Radmechaniker schüttelte immer nur den Kopf und meinte, es sei nun kaputt und er könnte nur bedingt helfen. Zum Glück war es ein treues Rad und hielt mit Tristan zusammen bis zum 10. Tag durch.

10 Tage Ironman mit neuem Deutschen Rekord

Der Tag 6 und Tag 7 wurden dann auch zu unserem Knackpunkt. Durch die starke körperliche Belastung durch den Hurrikan war der Körper mehr gefordert worden, als es dem täglichen Soll entsprochen hätte. Die Atmung streikte. Dieses Problem hatten sehr viele der Wettkämpfer. Die Atmung muss sich irgendwann auf den geringeren Sauerstoffgehalt in der Luft umstellen. Für Tristan war es das vermehrte Drücken gegen den Gegenwind gewesen. Durch meine therapeutischen Erfahrungen konnte ich die Atmung während des abendlichen Marathons wieder aktivieren, aber auch das kostete Kraft und Energie. Am Tag 7 begann Tristans Körper dann Wasser einzulagern. Die Getränke konnte er nicht mehr sehen und die Geschmacksnerven lagen blank. Zum Glück konnten wir die beginnende Wassereinlagerung durch Aufnahme von vermehrt stark salzigem Essen wieder ins Gleichgewicht bringen. Tag 8 bis 10 machte Tristan Vinzent wieder seine einem Uhrwerk gleichenden Zeiten und finishte mit einem grandiosen Platz 2 und einem neuen deutschen Rekord. David Clamp, der Sieger des Wettkampfs, war hingegen 7 Stunden langsamer als das letzte Jahr. Er führte es auf die erschwerten Wetterbedingungen zurück.

Bleibt die wichtige Frage zum Schluss: Ist das noch gesund? Mit welchen Verletzungen und Wehwehchen kam Tristan Vinzent nach Hause? Seine Antwort: „Nun, die Beine gehen optimal, aber die Lippe ist aufgesprungen. Ich fürchte, die Trompete muss ein paar Tage warten! Aber ich warte darauf, dass die IUTA im Dezember den neuen Wettkampfkalender veröffentlicht, mal sehen, was ich nächstes Jahr mache!

www.tristanvinzent.com, www.musik-x.de

  • Zweiter Platz im Deca Ironman Mexiko
  • Neuer deutscher Rekord über die 10-fach Ironman Distanz in einer Gesamtzeit von 145:04:35 std.
  • Worldcupsieger 2015 in der Altersklasse M2 (40-59).
  • Insgesamt Platz 3 bei der Übersicht über alle Altersklassen
  • von März bis Oktober 25 Ironmans gefinished!
Bild mit freundlicher Genehmigung von Redaktion | blog by triafreunde.com

Tom

Seit 15+ Jahre Triathlet und begeisterter Triathlon Coach. Zu meinen Erfolgen zählt das Finish von über 15 Triathlon Langdistanzen, davon 8 mit einer Zeit von unter 10h. Ich habe zahlreiche Olympische Distanzen teilweise mit Top 50 Platzierungen oder den Sieg in der Altersklasse belegt.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"